Der BFH hat mit Urteil vom 15.09.2020, Az. VII R 42/18 entschieden, dass die Gesamtheit der zwischen dem Inhaber einer Internet-Domain und der jeweiligen Vergabestelle bestehenden schuldrechtlichen Haupt- und Nebenansprüchen als ein anderes Vermögensrecht gemäß § 321 Abs. 1 AO Gegenstand einer Pfändung sein kann. Gegenstand der Entscheidung war die Frage, ob die DENIC Drittschuldnerin im Sinne des §109 Abs. 1 AO ist. Der BFH hat diese Frage bejaht. Ebenso ist in einer Internet-Domain ein Vermögensrecht zu sehen, welches selbst dann übertragen werden kann und dementsprechend der Pfändung unterfallen kann
Leitsatz
1. Die Gesamtheit der zwischen dem Inhaber einer
Internet-Domain und der jeweiligen Vergabestelle bestehenden schuldrechtlichen
Haupt- und Nebenansprüche kann als ein anderes Vermögensrecht nach § 321 Abs. 1
AO Gegenstand einer Pfändung sein (Bestätigung des Senatsurteils vom 20.06.2017
- VII R 27/15, BFHE 258, 223, BStBl II 2017, 1035).
2. Die Vergabestelle als Vertragspartner des mit dem
Domaininhaber geschlossenen Domainvertrags ist Drittschuldner i.S. des § 309
Abs. 1 AO und damit nach § 316 AO erklärungspflichtig (Bestätigung des
Senatsurteils vom 20.06.2017 - VII R 27/15, BFHE 258, 223, BStBl II 2017,
1035).
3. Der Umfang des Arrestatoriums muss nicht nur für die
unmittelbar Beteiligten (Vollstreckungsbehörde, Vollstreckungsschuldner,
Drittschuldner), sondern mit Rücksicht auf die allgemeine Rechts- und
Verkehrssicherheit auch für andere Personen, insbesondere für andere Gläubiger,
eindeutig und mit Sicherheit zu erkennen sein.
Instanzenzug: FG des Saarlandes vom 30.08.2018 - 2 K
1282/15 (EFG 2018, 1854)
Tatbestand
I.
1Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) verwaltet
und betreibt als Registrierstelle die Domains unter der Domain „.“. Sie
erbringt u.a. Dienstleistungen, mittels derer eine Domain im Internet
erreichbar gemacht wird. Der Internet-Datenverkehr erfolgt grundsätzlich über
sog. IP-Nummern (Internet-Protocol-Nummern), anhand derer ein an das Internet
angeschlossener Rechner eindeutig identifiziert werden kann. Will ein
Internetnutzer eine Domain ansprechen, so muss —um die Verbindung herzustellen
zu können— diese Domain zunächst in die dahinterstehende IP-Nummer übersetzt
werden. Die Übersetzung erfolgt durch sog. Nameserver, auf welchen die Domains
mit den zugehörigen IP-Nummern oder weiterführenden Nameservern verknüpft sind.
2Wer eine Domain unter der Domain „.“ registrieren lassen
möchte, kann sich direkt an die Klägerin oder an einen Provider wenden.
Unabhängig davon erfolgt die Domainregistrierung durch die Klägerin selbst.
Daher besteht neben einem eventuellen Vertragsverhältnis mit einem Provider in
jedem Fall auch ein Vertragsverhältnis mit der Klägerin. Der Anspruch des
Anmelders (Domaininhabers) aus dem Domainvertrag ist darauf gerichtet, dass die
Domain entweder unmittelbar mit einer IP-Nummer oder mit einem weiterführenden
Nameserver in die Nameserver der Klägerin aufgenommen wird (Konnektierung).
Daneben bestehen (Neben-)Ansprüche des Domaininhabers wie z.B. Ansprüche auf
Anpassung des Registers an veränderte persönliche Daten oder ihre Zuordnung zu
einem anderen Rechner durch Änderung der IP-Nummer.
3Nach § 6 Abs. 1 der Domainbedingungen sind Domains
übertragbar, allerdings nicht direkt, sondern dadurch, dass der bisherige
Domaininhaber den Vertrag kündigt, sofern eine Kündigung nicht aufgrund
gesetzlicher Voraussetzungen überflüssig ist, und zugleich der künftige
Domaininhaber unter Vorlage der ihn als solchen ausweisenden Unterlagen einen
Domainauftrag erteilt (§ 6 Abs. 2 der Domainbedingungen).
4Aufgrund rückständiger Umsatzsteuern und steuerlicher
Nebenleistungen in Höhe von . € der Vollstreckungsschuldnerin A GbR erließ der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) am 30.04.2014 eine
Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der Klägerin als
Drittschuldnerin.
5Darin pfändete das FA die „Gesamtheit der Ansprüche“, die
dem Schuldner als Inhaber der Internet-Domain „.“ gegenüber der Klägerin „aus
dem der Domainregistrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen
(Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung nach Eintragung der Domain
mit allen Nebenansprüchen)“. Weiter heißt es in der Verfügung: „Sie dürfen,
soweit die Ansprüche, Forderungen und Rechte gepfändet sind, nicht mehr an die
Vollstreckungsschuldnerin leisten.“
6Die Klägerin gab keine Drittschuldnererklärung ab und
legte Einspruch gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ein. Nach
erfolglosem Einspruchsverfahren hatte die Klage teilweise Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) sah die Klägerin als Drittschuldnerin an, hob jedoch die
Einziehungsverfügung mit der Begründung auf, dass eine Einziehung der
Gesamtheit der Ansprüche als Domain-Inhaber schlechthin ausgeschlossen sei.
Durch die Einziehung ginge allenfalls das Nutzungsrecht an der Domain auf das
FA über, woran dieses jedoch kein wirtschaftliches Interesse habe. Die
Abgabenordnung (AO) sehe als Verwertungsmöglichkeiten insbesondere den
freihändigen Verkauf vor. Die Einziehungsverfügung sei nichtig, weil es sich
bei den Ansprüchen aus dem Domainvertrag um nicht teilbare Leistungen handele,
die nicht in einer bestimmten Höhe eingezogen werden könnten.
7Dagegen sei die Pfändungsverfügung wirksam. Sie verstoße
weder gegen den Bestimmtheits- noch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Das Leistungsverbot habe dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt. An die Stelle des
Zahlungsverbots nach § 309 Abs. 1 AO habe das FA ein modifiziertes
Leistungsverbot gesetzt (vgl. Senatsurteil vom 20.06.2017 - VII R 27/15, BFHE
258, 223, BStBl II 2017, 1035, Rz 18). Für die Klägerin erkennbar habe sich das
Leistungsverbot nur auf die Unterlassung solcher Handlungen beziehen können,
die dazu führten, dass der Gegenstand der Pfändung beeinträchtigt bzw. dessen
Verwertung erschwert oder unmöglich gemacht werde. Das Leistungsverbot sei als
allgemeines Beeinträchtigungsverbot auszulegen. Es beziehe sich auf eine
Mitwirkung der Drittschuldnerin an einem Wechsel des Nutzungsberechtigten.
Erfasst seien alle Verfügungen des Drittschuldners, die dem zuwiderlaufen
könnten. Weil der Pfändungsgläubiger die Ausgestaltung des Domainvertrags nicht
im Einzelnen kenne, dürften an das Bestimmtheitserfordernis nicht allzu hohe
Anforderungen gestellt werden.
8Die Pfändungsverfügung sei außerdem verhältnismäßig. Auch
ohne Einholung eines Wertgutachtens sei das Gericht angesichts der
Besonderheiten des Einzelfalls (Schlüsselwörter, kein Bezug zu einem konkreten
Namen) davon überzeugt, dass das gepfändete Vermögensrecht weder wertlos noch
unverkäuflich sei. Das FA habe den Wert daher nicht beziffern müssen.
9Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)
2018, 1854 abgedruckt.
10Hiergegen richtet sich die vom FG wegen Abweichung zur
Entscheidung des FG Düsseldorf vom 10.03.2017 - 1 K 3509/14 KV (EFG 2019, 1725)
zugelassene Revision der Klägerin.
11Zur Begründung trägt die Klägerin vor, für das
Leistungsverbot fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Aus §§ 321 Abs. 1, 309
Abs. 1 Satz 1 AO ergebe sich nicht, dass dem Drittschuldner alle von ihm
geschuldeten Leistungen oder jede beliebige von ihm geschuldete Leistung
verboten werden könne. Der nach § 321 Abs. 1 AO entsprechend anwendbare § 309
Abs. 1 Satz 1 AO beziehe sich nur auf solche Leistungen, mit denen die
gepfändete Forderung erfüllt und zum Erlöschen gebracht werde. Deshalb ginge
das unbeschränkte Leistungsverbot deutlich zu weit.
12Es betreffe nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut die
Gesamtheit der Ansprüche aus dem Domainvertrag ohne jede inhaltliche
Einschränkung. Damit umfasse es den Anspruch auf Aufrechterhaltung der
Konnektierung der betroffenen Domain sowie den Anspruch auf Aufrechterhaltung
der Domainregistrierung. Das FG habe das Leistungsverbot falsch ausgelegt,
indem es davon ausging, es schließe das Verbot der Aufrechterhaltung von
Konnektierung und Registrierung nicht mit ein. Diese Auslegung widerspreche dem
eindeutigen Wortlaut. Das Leistungsverbot sei eindeutig und damit zweifellos
hinreichend bestimmt. Anders als in dem vom erkennenden Senat entschiedenen
Fall in BFHE 258, 223, BStBl II 2017, 1035 enthalte die Einspruchsentscheidung
vorliegend keinerlei Aussage zu Inhalt und Bedeutung des Leistungsverbots,
welche zur Auslegung hätte herangezogen werden können. Die Klägerin verweist
auf das Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2019, 1725.
13Es sei zweifelhaft, ob die streitgegenständliche Pfändung
nach den Grundsätzen im Urteil des erkennenden Senats in BFHE 258, 223, BStBl
II 2017, 1035 verhältnismäßig sei. Es fehlten konkrete Ausführungen zum Wert
des Pfändungsgegenstandes. Das FA müsse domainvertragliche Ansprüche vor der
Pfändung bewerten. Bei der Frage der Verhältnismäßigkeit handele es sich um
eine objektive Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Pfändung.
14Schließlich sei die Klägerin keine Drittschuldnerin, weil
kein einziger domainvertraglicher Anspruch existiere, auf den zu leisten der
Klägerin nach §§ 321 Abs. 1, 309 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 1 AO verboten werden
könne. Das zwangsvollstreckungsrechtliche Leistungsverbot lasse sich nicht
durch ein allgemeines Beeinträchtigungsverbot ersetzen, wie vom erkennenden
Senat in seiner Entscheidung in BFHE 258, 223, BStBl II 2017, 1035 postuliert.
Folgte man dieser Ansicht, so wäre der Klägerin auch die Kündigung des
Domainvertrags verboten, weil diese zum Untergang des Pfändungsgegenstandes
führe. Bereits das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe ausgeführt, dass eine
Kündigung des Domainvertrags nicht verboten werden dürfe (BVerfG-Beschluss vom
11.07.2014 - 2 BvR 2116/11, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2014, 3213).
Der Klägerin könne auch nicht die Übertragung der Domain verboten werden.
Letztlich sei ihr das gar nicht möglich, weil keine Übertragung erfolge,
sondern eine Kündigung des bestehenden Vertrags und ein Neuabschluss. Eine
solche Kündigung durch den Schuldner beseitige den Pfändungsgegenstand und
erfolge ohne Zutun der Klägerin. Deshalb sei in diesem Zusammenhang kein Verbot
denkbar.
15Die Klägerin beantragt,
das Urteil der Vorinstanz, soweit die Klage abgewiesen
wurde, und die Pfändungsverfügung vom 30.04.2014 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 22.06.2015 aufzuheben.
16Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
17Das FA schließt sich der Vorinstanz und der Auffassung
des erkennenden Senats in seiner Entscheidung in BFHE 258, 223, BStBl II 2017,
1035 an. Die Domain sei übertragbar, also auch veräußerbar und verwertbar. Die
Dekonnektierung sei in der Pfändungsverfügung nicht gefordert worden. Für die
Werthaltigkeit der Domain spreche die universelle Bezeichnung ohne einen
persönlichen Namen des Domaininhabers. Die Prüfung nach § 281 Abs. 3 AO sei vor
der Pfändung durchgeführt worden. Im Übrigen sei es nicht Aufgabe eines
Drittschuldners, den Wert des gepfändeten Gegenstandes und die Kosten der
Vollstreckung abzuwägen.
Gründe
II.
18Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der
Vorentscheidung, soweit die Klage abgewiesen wurde. Der Senat entscheidet nach
§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der Sache selbst und gibt
der Klage auch in dem Umfang statt, in dem sie bislang keinen Erfolg hatte.
19Das Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1
FGO). Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass eine Internet-Domain als eine
Gesamtheit schuldrechtlicher Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber
der Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zustehen, Gegenstand einer
Pfändung i.S. des § 321 Abs. 1 AO sein kann und dass die Klägerin als
Drittschuldnerin nach § 316 Abs. 1 AO erklärungs- und auskunftspflichtig ist.
Es hat allerdings rechtsfehlerhaft angenommen, dass das in der streitbefangenen
Pfändungsverfügung enthaltene Leistungsverbot i.S. von § 119 Abs. 1 AO
inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
201. Wie der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 258,
223, BStBl II 2017, 1035 ausgeführt hat, können die Gesamtheit der zwischen dem
Inhaber der Internet-Domain und der jeweiligen Vergabestelle bestehenden
schuldrechtlichen Ansprüche als Vermögensrecht i.S. des § 857 Abs. 1 der
Zivilprozessordnung (ZPO) und § 321 Abs. 1 AO Gegenstand einer Pfändung sein
(ebenso Urteil des Bundesgerichtshofs —BGH— vom 11.10.2018 - VII ZR 288/17,
BGHZ 220, 68, und BGH-Beschluss vom 05.07.2005 - VII ZB 5/05, NJW 2005, 3353).
212. Das FG hat zutreffend die Drittschuldnereigenschaft der
Klägerin bejaht. Insoweit verweist der Senat auf seine Ausführungen im Urteil
in BFHE 258, 223, BStBl II 2017, 1035 (ebenso BGH-Urteil in BGHZ 220, 68, Rz
16).
223. Das mit der Pfändungsverfügung angeordnete
Leistungsverbot verstößt jedoch gegen das in § 119 Abs. 1 AO enthaltene Gebot,
wonach ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss.
23a) Das Bestimmtheitsgebot in § 119 Abs. 1 AO dient der
Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit und schützt den Adressaten des
Verwaltungsakts. Der Adressat soll sicher erkennen können, dass und in welchem
Umfang er betroffen ist und was von ihm verlangt wird. Nach der Rechtsprechung
des BFH bedeutet dies, dass ein Verwaltungsakt bestimmt, unzweideutig und
vollständig den Willen der Behörde zum Ausdruck bringen muss (BFH-Urteil vom
29.08.2012 - XI R 40/10, BFH/NV 2013, 182, Rz 17, m.w.N.).
24§ 309 Abs. 1 AO, auf den § 321 Abs. 1 AO verweist,
verlangt nach seinem Wortlaut u.a. das an den Drittschuldner gerichtete Verbot,
an den Vollstreckungsschuldner zu zahlen (Arrestatorium). Dazu ist
erforderlich, dass Anordnung und Umfang des Zahlungsverbots mit Sicherheit zu
ersehen und nach dem objektiven Sinn des Wortlauts bei dessen verständiger
Auslegung nicht nur für die unmittelbar Beteiligten (Vollstreckungsbehörde,
Vollstreckungsschuldner, Drittschuldner), sondern mit Rücksicht auf die
allgemeine Rechts- und Verkehrssicherheit auch für andere Personen,
insbesondere für andere Gläubiger eindeutig und mit Sicherheit zu erkennen sind
(Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 309 AO Rz 101; FG Düsseldorf, Urteil
in EFG 2019, 1725).
25Wie der Senat bereits in einem vergleichbaren Fall
entschieden hat, hätte die Anordnung eines Zahlungsverbots im Streitfall keinen
Sinn ergeben, weil es sich nicht um die Pfändung einer Geldforderung handelt
(Senatsurteil in BFHE 258, 223, BStBl II 2017, 1035, Rz 18). Bei anderen
Vermögenswerten i.S. des § 321 Abs. 1 AO, bei denen die Vollstreckung in
entsprechender Anwendung der §§ 309 ff. AO durchzuführen ist, ist der Inhalt
des Zahlungsverbots darauf gerichtet, dass dem Drittschuldner Handlungen untersagt
werden sollen, die zu einer Rechtsbeeinträchtigung führen. Daher handelt es
sich um ein modifiziertes Leistungsverbot (Senatsurteil in BFHE 258, 223, BStBl
II 2017, 1035, Rz 15). Wenn das FG ausführt (EFG 2018, 1854, Rz 38), der
Pfändungsgläubiger müsse das Leistungsverbot nicht bereits im Rahmen einer
Pfändungsverfügung im Einzelnen konkretisieren, widerspricht diese Ansicht dem
Bestimmtheitsgebot des § 119 Abs. 1 AO.
26Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn sich
sein Regelungsinhalt durch Auslegung entnehmen lässt. Bei dieser Auslegung
kommt es nach den entsprechend anwendbaren §§ 133, 157 des Bürgerlichen
Gesetzbuches (BGB) darauf an, wie der Betroffene nach den ihm bekannten
Umständen den materiellen Gehalt des Verwaltungsakts unter Berücksichtigung des
Grundsatzes von Treu und Glauben verstehen konnte, wobei nicht am
buchstäblichen Sinn des Ausdrucks gehaftet werden darf (BFH-Urteil vom
04.10.1988 - VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758, m.w.N.). Die Auslegung des
Verwaltungsakts muss jedoch einen Anhalt in der bekanntgegebenen Regelung haben
(BFH-Urteil vom 27.11.1996 - X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791,
m.w.N.).
27b) Diesen Anforderungen genügt das Leistungsverbot im
Streitfall nicht.
28Anders als im bereits entschiedenen Fall in BFHE 258,
223, BStBl II 2017, 1035 hat das FA im Streitfall die Pfändungsverfügung in der
Einspruchsentscheidung nicht näher erläutert, so dass es zur Auslegung allein
auf den Wortlaut der streitgegenständlichen Pfändungsverfügung ankommen kann.
29Nach deren Wortlaut hat das FA die Gesamtheit der
Ansprüche des Schuldners aus dem der Domainregistrierung zugrunde liegenden
Vertragsverhältnis gepfändet (Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung
nach Eintragung der Domain mit allen Nebenansprüchen). Soweit die Ansprüche,
Forderungen und Rechte gepfändet wurden, durfte die Klägerin nicht mehr an den
Schuldner leisten.
30Das FG hat das Leistungsverbot dahingehend ausgelegt,
dass es sich nur auf die Unterlassung solcher Handlungen beziehen sollte, die
dazu führen würden, dass der Gegenstand der Pfändung beeinträchtigt bzw. dessen
Verwertung erschwert oder unmöglich gemacht werden würde. Damit wollte das FG
insbesondere auch dem Interesse des Pfändungsgläubigers Rechnung tragen, ein
umfassendes Pfändungspfandrecht an dem Pfändungsgegenstand zu erlangen. Für die
Klägerin sei ohne weiteres erkennbar gewesen, dass dem FA nicht daran gelegen
sein konnte, den Pfändungsgegenstand zu vernichten. Daraus schloss das FG, dass
der Hauptanspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung nicht erfasst sein
sollte.
31Die Auslegung von Verträgen und Willenserklärungen gehört
zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und bindet den BFH gemäß § 118
Abs. 2 FGO, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB entspricht und nicht
gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls möglich ist.
Das Revisionsgericht prüft, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie
die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die für die Vertragsauslegung
bedeutsamen Begleitumstände erforscht und rechtlich zutreffend gewürdigt hat
(BFH-Urteil vom 30.01.2019 - II R 26/17, BFHE 264, 47, Rz 31). Die Auslegung
eines Verwaltungsakts durch das FG ist im Revisionsverfahren dann überprüfbar,
wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG hierzu ausreichen (BFH-Urteile vom
12.06.1997 - I R 72/96, BFHE 183, 30, BStBl II 1997, 660; vom 24.08.2005 - II R
16/02, BFHE 210, 515, BStBl II 2006, 36, und vom 04.06.2008 - I R 72/07, BFH/NV
2008, 1977, m.w.N.).
32Mit der vom FG getroffenen Auslegung des Leistungsverbots
hat es die Grenzen der gesetzlichen Auslegungsregeln überspannt. Dem Wortlaut
der Pfändungsverfügung lässt sich keinerlei Einschränkung entnehmen, weil der
Klägerin lediglich pauschal untersagt wurde, an die Vollstreckungsschuldnerin zu
leisten.
33Wie bereits ausgeführt, unterscheidet sich der Streitfall
von dem bereits entschiedenen Fall in BFHE 258, 223, BStBl II 2017, 1035
dadurch, dass das FA die Pfändungsverfügung nicht nachträglich in der
Einspruchsentscheidung erläutert hat. Soweit das FA im Klageverfahren dargelegt
hat, dass die Dekonnektierung nicht gefordert worden sei, ergibt sich dies
weder aus der Pfändungsverfügung noch aus der Einspruchsentscheidung.
Maßgebender Zeitpunkt, welchen das FG der Prüfung der Rechtmäßigkeit zugrunde
zu legen hat, ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin im
Streitfall der Erlass der Einspruchsentscheidung am 22.06.2015 (BFH-Urteil vom
12.05.2016 - II R 17/14, BFHE 253, 505, BStBl II 2016, 822, Rz 19: zu einem
Sammelauskunftsersuchen). Die Ausführungen im anschließenden Klageverfahren
sind dagegen nicht relevant.
344. Die Pfändungsverfügung muss insgesamt aufgehoben
werden, weil das Leistungsverbot an den Drittschuldner für die Wirksamkeit der
Pfändung wesentlich ist (Klein/Werth, AO, 15. Aufl., § 309 Rz 21, m.w.N.).
35Mit der Aufhebung der streitgegenständlichen
Pfändungsverfügung ist auch der Rechtsgrund für die Aufforderung zur Abgabe der
Drittschuldnererklärung (§ 316 AO) entfallen, ohne dass es eines
diesbezüglichen Ausspruchs im Tenor bedürfte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1
FGO.
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