Die IT-Kanzlei Gerth hat für einen Anschlussinhaber in einem Verfahren wegen angeblichem Filesharing vor dem AG Aschaffenburg negative Feststellungsklage gegen die Debcon GmbH erhoben, nachdem diese den Anschlussinhaber mehrfach angeschrieben hat.
Das Amtsgericht Aschaffenburg hat die Debcon GmbH wie von Rechtsanwalt Jan Gerth beantragt verurteilt.
Amtsgericht Aschaffenburg
Az.: 123 C 0000/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
AA BB
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Gerth
Jan H., Berliner Straße 25, 33813 Oerlinghausen, Gz.: XXXXX
gegen
Debcon GmbH, vertreten
durch d. Geschäftsführer, Poststraße 6, 46236 Bottrop
- Beklagte -
wegen negativer Feststellung
erlässt das Amtsgericht
Aschaffenburg durch die Richterin am Amtsgericht CCC am 00.00.2016 ohne mündliche
Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen Anspruch gegen die Klägerin auf 250,00 € hat.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert
wird auf 250,00 €festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO
bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens
berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die negative
Feststellungsklage ist zulässig gem. § 256 ZPO, insbesondere ist im Hinblick
auf die Anspruchsberühmung der Beklagten das besondere Feststellungsinteresse
der Klägerin gegeben.
Die Klage ist
auch begründet, denn der Beklagten steht kein Anspruch auf 250,00 €
Schadenersatz aus Lizenzanalogie aus abgetretenem Recht wegen einer behaupteten
Urheberrechtsverletzung durch Teilnahme an einer Tauschbörse durch die Klägerin
zu.
Es fehlt bereits
an der Aktivlegitimation der Beklagten für einen solchen Anspruch. Wie die
Klägerseite zutreffend hingewiesen hat, ist ein Anspruch bereits deshalb nicht
ersichtlich, da eine Abtretung nicht substantiiert dargetan, geschweige denn
unter Beweis gestellt ist durch die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte.
Weder ist eine Abtretungserklärung vorgelegt worden noch vorgetragen worden,
wann durch den Berechtigten eine Abtretung erfolgt sein soll. Weiter wurde zu
der mit Nichtwissen bestrittenen Urheberrechtsinhaberschaft des behaupteten
Rechtsinhabers und Zedenten, einer HITMIX Musikagentur Erich Öxler, einer
Agentur, keines Komponisten, Sängers oder Produktionsunternehmens nicht substantiiert
dargelegt, sondern lediglich ohne statthaften Beweisantritt behauptet. Ob das
behauptete Urheber- oder Verwertungsrecht tatsächlich bestand, ist im
vorliegenden Verfahren zu prüfen. Vortrag in Vorverfahren, insbesondere ein
unsubstantiierter Verweis auf ein Verfahren, das zu der angeblichen Ermittlung
der IP-Adresse der Klägerin führte, ist nicht geeignet, im vorliegenden
Verfahren berücksichtigt zu werden, zumal die Prüfung eines vorbefassten Gerichts
nicht die eigene Prüfung des nun zur Entscheidung berufenen Gerichts ersetzt.
Weiter ist auch
die Ermittlung der IP-Anschrift der Klägerin als einem bei einer
Rechtsverletzung verwendeten Internetzugang nicht substantiiert vorgetragen. Nachdem
die Klägerin unbestritten vorträgt, zum fraglichen Zeitpunkt nicht
Telekom-Kunde gewesen zu sein, sondern bei 1 & 1 Internetkunde gewesen zu
sein, ist ein Anhaltspunkt für die Richtigkeit der Ermittlung der Daten der Klägerin
durch die angebliche Zedentin bzw. deren Beauftragte nicht gegeben.
Schließlich wäre
ein Anspruch der Beklagten auch verjährt. Da sowohl die Rechtsverletzung als auch
die in Bezug genommene Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs wegen
Lizenzanalogie in 2010 erfolgt sein sollen - beides blieb bestritten durch die
Klägerin - , begann gem. § 199 Abs. 1 BGB die Verjährungsfrist mit Ablauf des
Jahres 2010 zu laufen, so dass mangels verjährungshemmender Maßnahmen die
Verjährung mit Ablauf des Jahres 2013, wie der Klägervertreter richtigstellte,
eintrat gem. § 195 BGB in der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist.
Soweit die
Beklagte meint, gemäß § 102 Satz 2 UrhG in Verbindung mit § 852 BGB betrage die
Verjährungsfrist des Schadensersatzanspuches zehn Jahre, so verkennt die
Beklagte, dass § 852 BGB die Verjährungsfrist verlängert für Ansprüche auf Herausgabe
desjenigen, was der Verletzer durch die Rechtsgutverletzung erlangt hat. Die
insoweit von der Beklagtenseite angeführte Entscheidung des BGH vom 27.10.2011,1 ZR 175/10 (Bochumer Weihnachtsmarkt), der unter Bezugnahme auf die
Entscheidung BGH vom 29.04.2010, 1 ZR 68/08 (Restwertbörse) darlegt, dass -
unter Verwendung von Lichtbildern in der Entscheidung Restwertbörse, in der
Entscheidung Bochumer Weihnachtsmarkt unter Abspielen von geschützter Musik auf
einem Weihnachtsmarkt - der jeweilige. Rechtsverletzer durch die Verletzung der
von der Gegenseite wahrgenommenen Urheberrechte auf Kosten der jeweiligen
Klagepartei etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt habe, nämlich den
Gebrauch des jeweils geschützten Rechts ohne rechtlichen Grund, verkennt, dass § 102 Satz 1 UrhG als Regelverjährung gerade
für die Verletzung· von Urheberrechten auf Abschnitt 5 des 1. Buches des BGB,
beginnend mit § 194 BGB, verweist, mithin auf das im Allgemeinen Teil des BGB
geregelte Verjährungsrecht und die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB.
Bei einer Rechtsverletzung nach § 97 UrhG liegt per se immer ein Eingriff in
das Urheberrecht des geschützten Rechteinhabers vor, mit der Folge, dass der
BGH mit seiner Rechtsprechung entgegen § 102 Satz 1 UrhG die Verjährung für den
Regelfall auf zehn Jahr ausdehnen würde.
Das Gericht folgt deshalb dieser Rechtsprechung nicht, da tatsächlich eine zehnjährige
Verjährung im Sinne des § 852 BGB nur dann eine Entsprechung findet bei der
Verletzung von Urheberrechten, wenn der Schädiger tatsächlich etwas erlangt aus
der Rechtsgutsverletzung, ihm also neben dem Vergnügen oder einer Ersparnis aus
der Rechtsverletzung zudem noch Vermögensvorteile tatsächlich zufließen, auf
deren Behaltendürfen er, wie § 852 BGB für andere Rechtsgutsverletzungen
vorsieht, länger als drei Jahre kein Recht haben soll (ebenso LG Bielefeld vom 13.01.2016,20 S 132/15). Das Filesharing, bei dem jeder einzelne Teilnehmer in einer
Tauschbörse auch nur einzelne Datenpakete, niemals allein das ganze Musikstück,
Dritten zugänglich macht, was gerade das Prinzip des Filesharings darstellt,
gibt dem einzelnen Teilnehmer mithin keinen Mehrwert bei dem
Zurverfügungstellen von Daten, im Netzwerk, um anderen einen Zugang zu dem
kompletten Musikstück oder anderen Werken zu eröffnen, sondern er erlangt einen
Vermögensvorteil nur in dem einmaligen oder mehrmaligen Einsparen von Ausgaben durch
Unterbleiben des Erwerbs eines Datenträgers z.B. einer CD oder einer kostenpflichtig
herunterzuladenden Datei. Ein Zufluss von Vermögenswerten .aus der unerlaubten
Handlung, den § 852 BGB sanktioniert, findet hingegen nicht statt. Das Gericht
sieht deshalb die dreijährige Verjährung als zutreffend an. Die Durchsetzung
des Schadensersatzanspruches der Beklagten aus abgetretenem Recht, so denn
einer bestehen würde, wäre somit zudem verjährt. Da der Anspruch der Beklagten nicht
besteht, ist die negative Feststellungsklage begründet
.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung
zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11,
713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung
folgt § 3 ZPO.
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