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Sonntag, 19. April 2015

AG Bielefeld: Wenn der Zeuge Ben Perino (Guardaley Ltd.) eher zum Zeugen der Beklagten wird, verliert BaumgartenBrandt auch nach dessen Anhörung

Damit hatte die Kanzlei BaumgartenBrandt als Klägervertreter der Hanway Brown Limited wohl nicht gerechnet. Das Amstgericht Bielefeld (Az. 42 C 458/14) hat mit Urteil vom 24.03.2015 eine Klage wegen angeblichen Filesharings an dem Film "Harry Brown" abgewiesen, obwohl hier weder Verjährung eine Rolle spielte und der Anschlussinhaber als Single auch keine weiteren Nutzer seines WLANs aufbieten konnte.

Und die Kanzlei hatte auch noch den Zeugen Ben Perino, Entwickler und Geschäftsführer der Ermittlungsfirma Guardaley Ltd., aufgeboten, nachdem der Beklagte, vertreten durch die IT-Kanzlei Gerth, sowohl die Ermittlung der IP-Adresse und auch die Datenübermittlung in allen Punkten angegriffen hatte.

Die Zeugenaussage des Ben Perino / Bejamin Perino im zweiten Verhandlungstermin in der Sache geriet eher zum Rohrkrepierer in der Sache.

Das Amtsgericht Bielefeld urteile in der Sache:


Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 UrhG a.F., da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beklagte die Rechte der Klägerin an dem streitgegenständlichen Filmwerk verletzt hat.

Zur Überzeugung des Gerichts steht bereits nicht fest, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung unter Nutzung des Anschlusses des Beklagten erfolgt ist. Zum einen hat die Klägerin die Richtigkeit der Ermittlung der betreffenden IP-Adresse nicht bewiesen. Der hierzu vernommene Zeuge Perino hat bekundet, dass im vorliegenden Fall nicht er, sondern einer seiner Mitarbeiter die Ermittlung im Zusammenspiel mit der Ermittlungssoftware durchgeführt hat und hierbei insbesondere das Originalwerk mit dem in einer Referenzdatei enthaltenen Film eigenständig verglichen habe bzw. darüber hinaus auch den Hashwertvergleich durchgeführt habe.

Er - der Zeuge Perino - könne die Richtigkeit der Ermittlungen nur anhand alter Protokolle bestätigen, ohne dass er selbst persönlich an der Ermittlung beteiligt gewesen wäre. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Zeuge nur die allgemeine Vorgehensweise bei den Ermittlungen sowie den Inhalt eines firmen internen Protokolls darlegen konnte, darüber hinaus aber nicht aus eigener Anschauung bestätigen konnte, dass im vorliegenden Fall die konkrete Referenzdatei tatsächlich den streitgegenständlichen Film enthalten hat bzw. die Hashwerte übereingestimmt haben, kann das Gericht nicht mit der notwendigen Gewissheit davon ausgehen, dass die Rechtsverletzung tatsächlich unter Nutzung eines Anschlusses mit der IP-Adresse XX.XXX.XXX.XX erfolgt ist.

Zur Überzeugung des Gerichts steht des Weiteren nicht fest, dass die IP-Adresse XX.XXX.XXX.XX zum fraglichen Zeitpunkt dem Anschluss Beklagten zugewiesen war. Insofern wurde klägerseits als Beweis nur der Ausdruck einer in Form einer Datei übermittelten Auskunft des zuständigen Internet Service Providers vorgelegt, welche den klägerischen Vortrag stützt. Allein aufgrund dieser Auskunft ist der Beweis der Richtigkeit dieser Zuordnung aber noch nicht erbracht, da im Zivilprozessrecht der allgemeine Grundsatz gilt, dass eine in irgendeiner Weise festgehaltene nichtöffentliche Gedankenerklärung nicht ihre eigene inhaltliche Richtigkeit beweist.

Dieser Grundsatz ist insbesondere aus § 416 ZPO ersichtlich, wonach Privaturkunden den vollen Beweis dafür erbringen, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass eine Privaturkunde nicht darüber hinaus auch den Beweis für die inhaltliche Richtigkeit der in ihr verkörperten Erklärung erbringt. Dies muss auch für den vorliegenden Fall gelten, in dem die fragliche Gedankenerklärung in einer Datei festgehalten wurde, da nicht ersichtlich ist, dass die Beweiskraft einer in einer Datei festgehaltenen Gedankenerklärung die Beweiskraft einer Privaturkunde übersteigt.

Die Klärung der Frage, ob die klägerseits benannte IP-Adresse tatsächlich dem Anschluss der Beklagten zugewiesen war, unterliegt demnach der freien Beweiswürdigung. Da die Klägerseite die Richtigkeit ihrer Behauptung nicht ordnungsgemäß unter Beweis gestellt hat, indem sie auch nach Bestimmung eine Beibringungsfrist gemäß § 356 ZPO den Namen und die Anschrift des als Zeugen benannten Mitarbeiters des Internet Service Providers nicht genannt hat, und das Gericht auch nicht ernsthaft ausschließen kann, dass der Internetservice Provider infolge eines technisch oder menschlich bedingten Fehlers bei der Erfassung und/oder Archivierung der Verbindungsdaten bzw. aufgrund eines Versehens eines Mitarbeiters bei der Auskunftserteilung eine inhaltlich unrichtige Auskunft erteilt hat, kann das Gericht nicht davon ausgehen, dass die fragliche IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt dem Anschluss der Beklagten zugewiesen war.
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Es bleibt also festzuhalten, dass eine Verteidigung gegen Klagen wegen angeblichen Filesharings durchaus vielversprechend sind, auch in Singlehaushalten.



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